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Kultur statt Knete

Geschrieben von Silke Katterbach

Was Unternehmenskultur ist und wie sie wirkt

Ich rufe: „Moin!“ Es schallt zurück: „Moin!“ Das ist Kultur. Normalerweise denken wir nicht darüber nach, wie wir uns begrüßen. Die Kultur gibt einfach die Regeln des Verhaltens vor, ist quasi das Fundament für jede Art des Handelns. Wie der Teppich im Büro, über den man ständig läuft, ohne sich darüber im Klaren zu sein, wie er aussieht, welche Qualität er hat oder wie er vielleicht schöner sein könnte. Er ist eben einfach da. Und plötzlich entdecken wir den tellergroßen Kaffeefleck und fangen an, über diesen Teppich nachzudenken. Ob dieser Fleck wohl rausgeht und wer ihn verursacht hat und ob das nicht auch ein Anlass sein kann, endlich Parkett zu verlegen. Genauso verhält es sich im täglichen Miteinander. Ein kleiner Regelbruch legt manchmal erst die Regel offen. Wenn heute die Tür des Kollegen geschlossen ist wird erst deutlich, dass eine kulturelle Regel lautet: Bei uns sind die Türen offen. Wenn die Begrüßung mit Handschlag mal ausbleibt, erkennen wir die Regel des täglichen Begrüßungsrituals. Das sind die einfachen kulturellen Regeln. Die sind zwar von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich aber schnell erkennbar. Besonders als Gast oder „Neuling“ erkennt man diese Regeln schnell. Die Aufmerksamkeit ist wie ein Riesenscanner darauf gerichtet, denn nichts ist schlimmer, als gleich zu Beginn dadurch aufzufallen, dass man die Kollegen zur Begrüßung ordentlich herzt und nicht mitbekommt, dass man sich bei uns ein höfliches „Guten Morgen“ zuruft und gleich in seinem Büro verschwindet. Das „bei uns“ gibt dabei einen wertvollen Hinweis darauf, wie stabilisierend und identitätsstiftend kulturelle Regeln sind. Indem alle Mitarbeiter diese Regeln teilen, fühlen sie sich zusammengehörig, selbst wenn einzelne Regeln oft nicht einmal gut gefunden werden.

Kultur ist also das, was automatisch entsteht, wenn Menschen zusammenkommen. Macht man sich den Einfluss dessen auf die Effektivität der Zusammenarbeit bewusst, ist eine systematische Kulturentwicklung eigentlich nur die logische Konsequenz. Und wenn wir schon einmal dabei sind, gucken wir uns an, was für die Generation wichtig ist, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommt: Werteorientierung, Teamwork, Entwicklungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren zu können. Denn für die so genannte Generation Y spielt nicht mehr das Geld die größte Rolle, sondern ein werteorientiertes Umfeld, in dem man sich verwirklichen kann. Das Ziel muss es sein, eine angemessene Kultur für die Menschen zu prägen, die für die Zukunft des Unternehmens wichtig sind.

Und dann gehen wir an die Arbeit: Der Status Quo wird ermittelt. Wir messen die Kultur. Mit Hilfe des nextexpertizers® zum Beispiel können Muster offengelegt werden, die sich unserer bewussten Wahrnehmung entziehen. Anschließend beraten wir über das, was sein soll. Also welche kulturellen Merkmale verstärkt, verdrängt oder entwickelt werden sollten. Dann der Konzeptentwurf: mögliche Interventionen, Irritationen, Workshops, Trainings, Events oder was auch immer auf der Basis der Vision die Kultur prägt, wird erörtert und geplant. Erfahrung und Fachkompetenz (Verständnis darüber, wie Systeme funktionieren und eine solide psychologische Wissensbasis), Kreativität und Professionalität sind die Zutaten für eine erfolgreiche Kulturentwicklung, die nie von außen „passiert“, sondern immer von den Beteiligten selber vorgenommen wird. Die schlechte Nachricht: oft entzieht sich die positive Entwicklung einer Unternehmenskultur der bewussten Wahrnehmung der Mitarbeiter (kulturelle Muster werden eben schnell wieder zu dem Teppich, über den die Menschen tagein, tagaus einfach gehen). Die gute Nachricht: Über Mitwirkung, Engagement und Verantwortung aller Beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wächst das Unternehmen womöglich zu einer Einheit zusammen, die mit einem soliden Kulturfundament auch attraktiv für kommende Generationen ist. Und nicht nur das; auch der Umgang mit Veränderungen fällt leichter, wenn eine verbindende Kultur Vertrauen schafft.