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Denk doch mal nach, Mann!

Geschrieben von Silke Katterbach

Streitigkeiten, Missverständnisse, Frust und Ärger begleiten den arbeitenden, wie auch den Privatmenschen tagein, tagaus. Wer sich ab und zu mal fragt, ob die eigene Perspektive immer die richtige ist, hat schon einen riesigen Vorsprung in der Vielfalt seiner Verhaltensmöglichkeiten und kann der ein oder anderen Auseinandersetzung dadurch ein besseres Ende abtrotzen.

Das heißt nämlich zum Beispiel, dass ich nachfragen kann, ob ich das gerade Gesagte richtig verstanden habe, bevor ich mit der Gegenoffensive beginne. Vielleicht war es der Halo-Effekt oder eine Übertragung, die mich einfach auf die Konfliktspur katapultiert haben. Oder ich habe nicht mitbekommen, dass mein Gegenüber eine ganz besondere Motivation hat, eine, die nichts mit mir oder unserer gemeinsamen Situation zu tun hat. Was auch immer, die Psychologie ist bei uns, wir unterliegen bestimmten Wahrnehmungstäuschungen, erliegen Interpretations- und Verhaltensmustern, die eben oft nichts mit rationalen Verhaltensentscheidungen zu tun haben. Und noch weniger mit „Sachlichkeit“ oder „Objektivität“. Doch sind es eben immer wieder die Menschen, die sich selbst als besonders sachlich, rational und objektiv beschreiben, die am wenigsten darüber wissen, welchen unsichtbaren Entscheidungs- und Verhaltensmustern sie tatsächlich unterliegen.

Ich höre die Kritiker schon maulen: „Man kann auch alles zerreden!“, „Wir haben keine Zeit für diesen Psychokram, wir müssen arbeiten!“, „Soll ich womöglich noch meinen Namen tanzen?“, etc., etc. Ich kenne sie alle, diese Sprüche. Und tatsächlich geht es wie so oft um das richtige Maß. Das entscheidet nämlich darüber, inwieweit Professionalisierung durch kommunikative Kompetenz und Authentizität stattfindet oder ob überflüssige Seelen-Nabelschauen mit abgedroschenen Psychovokabeln jeglichen Inhalt verdrängen. Sicher ist jedoch: Je mehr ich über das menschliche Fühlen, Denken und Handeln weiß (Psychologie!), desto klarer und eindeutiger kann ich in Beziehung zu anderen treten. Das heimliche Interesse am Brigitte Psychotest sollte sich wandeln in eine offensive Auseinandersetzung mit sich selbst; erst recht, wenn Führungsverantwortung, Beziehungsgestaltung und Nutzung von Netzwerkintelligenz in der der Arbeitsbeschreibung stehen.

Die Psychologie gibt zwar keine „Quick-Win-Antworten“ wie diverse Personaltrainer und auch Coaches sie versprechen, doch sie bietet interessante Lernfelder an. Ausgehend von der grundsätzlichen Sichtweise auf den Menschen eröffnet sie den ganz individuellen Entwicklungsraum für Menschen, die mit Menschen zusammenleben und arbeiten: Uns alle. (Nach-)Denken hilft eben!